Zertifizierungen für nachhaltige Gebäude
Internationale Zertifizierungssysteme im Überblick
Zertifizierungssysteme sollen nachhaltiges Bauen fördern. Dabei bleibt festzuhalten: Ein zertifiziertes Gebäude schont nicht nur die Umwelt, es berücksichtigt auch ökonomische und soziokulturelle Aspekte. Immer mehr Bauherren beauftragen externe Zertifizierungen, um ökologische Standards nachzuweisen. Dabei müssen bestimmte Kriterien erfüllt und Punkte gesammelt werden.
Die Einhaltung von Beleuchtungsnormen ist nicht in jedem Zertifizierungssystem verpflichtend. Eine Ausnahme bildet der WELL Standard, der nationale Beleuchtungsnormen wie die EN 12464-1 voraussetzt. Dennoch können Errichter mit hochwertiger Beleuchtung punkten. Beispiele für die gängigen Zertifizierungen sind:
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ÖGNI (Österreichische Gesellschaft für Nachhaltige Immobilien)
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DGNB (Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen)
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LEED (Leadership in Energy & Environmental Design, USA)
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BREEAM (Building Research Establishment Environmental Assessment Method, UK)
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WELL (WELL Building Standard, USA)
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Minergie (Schweiz)
ÖGNI / DGNB (Österreich / Deutschland)
In Österreich ist das Zertifizierungssystem ÖGNI (Österreichische Gesellschaft für Nachhaltige Immobilien), am weitesten verbreitet. ÖGNI basiert direkt auf dem deutschen DGNB-System. (Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen). Bewertet wird in sechs Themenfeldern mit 20 Kriterien. Das Lichtkriterium Visueller Komfort SOC1.4 (Tagesbelichtung und Innenbeleuchtung) ist dem Themenfeld Soziokulturelle und funktionale Qualität (SOC) zugeordnet und gliedert sich in sechs Indikatoren.
Für den Indikator Kunstlicht in Büros werden 20 Punkte vergeben, wenn die Anforderungen an die Beleuchtung nach DIN EN 12464-1 eingehalten sind. 20 Punkte entsprechen rund 4,4 % der Punkte für die Erreichung des 65 % Mindesterfüllungsgrades. Für die PLATIN-Auszeichnung sind die Punkte aus Kunstlicht sehr hilfreich.
LEED
Bei LEED (Leadership in Energy & Environmental Design) ist die Einhaltung einer Beleuchtungsnorm nicht vorgeschrieben. LEED greift auf amerikanische Standards zurück.
Punkte gibt es für:
- Blendschutz (UGR < 19)
- Farbwiedergabe (CRI ≥ 90)
- Steuerbarkeit und Begrenzung der Reflexblendung
- Innenbeleuchtung – Qualität (Beleuchtungsstärke, Reflexion)
Die höchste Auszeichnung „PLATINUM“ ist auch ohne Punkte aus Innenbeleuchtung zu erreichen.
Weitere Punkte sind möglich für:
- Lichtverschmutzung
- Nutzersteuerung
- quecksilberarme Lampen
BREEAM
Die Einhaltung einer Beleuchtungsnorm ist beim britischen Zertifikat BREEAM ((Building Research Establishment Environmental Assessment Method) nicht vorgeschrieben. Bei BREEAM ist der Visuelle Komfort / Kunstlicht unter 2.5.2 Health & Wellbeing, HEA.1-Sehkomfort zu finden. Punkte werden für Blendschutz, Hochfrequenzbeleuchtung (Minimierung von Flickern), Innen- und Außenbeleuchtung und Beleuchtungszonierung vergeben. Es sind insgesamt vier Punkte für Lichtqualität möglich – aber nicht zwingend für die höchste Auszeichnung „Outstanding“.
WELL Building Standard
Beim WELL Building Standard werden neben dem ökologischen/ökonomischen/soziokulturellen Ansatz vor allem Gesundheits- und Wohlfühl-Aspekte als Kriterium geführt. WELL hat als Grundvoraussetzung die Erfüllung der national gültigen Beleuchtungsnormen festgelegt. Der Fokus liegt auf Gesundheit und Wohlbefinden. Licht ist eines von 10 Hauptkriterien. Voraussetzung ist die Einhaltung nationaler Normen (z. B. EN 12464-1). Bis zu 11 Punkte sind für Kunstlicht möglich (z. B. zirkadianes Lichtdesign, Blendungsbegrenzung, Farbwiedergabe, Steuerbarkeit).
Minergie
Der Verein Minergie beurteilt Gebäude vor allem hinsichtlich ihrer Energieeffizienz. Die Beleuchtungskriterien umfassen beispielsweise effiziente Lichtquellen (>100 lm/W), Lichtsteuerung mit Tageslicht- und/oder Präsenzsensor oder optimierte Leuchtenreflektoren. Für den Nachweis sind Datenblätter und eine Beleuchtungssimulation mit Relux oder Dialux hilfreich.
Fazit
Die Lichtqualität wird in allen Zertifizierungssystemen thematisiert, ist jedoch nicht immer verpflichtend. Nur der WELL-Standard verlangt ausdrücklich die Einhaltung nationaler Beleuchtungsnormen wie der EN 12464-1. Dennoch lohnt es sich, für eine erfolgreiche Zertifizierung einen Lichtplaner frühzeitig einzubeziehen und über die möglichen Zertifizierungs-Punkte Bescheid zu wissen. Durch eine vorausschauende Planung können die Gesundheit, das Wohlbefinden und die Leistungsfähigkeit der Mitarbeitenden positiv unterstützt werden. So wird die Zertifizierung nicht nur zu einem formalen Nachweis, sondern geht einher mit einer sorgfältigen Planung und gezielten Investitionen in nachhaltige Beleuchtungssysteme, die langfristig Energie sparen und damit auch Kosten senken.