Wirk- und Korrekturfaktoren für biologisch wirksame Beleuchtung

Um eine biologisch wirksame Beleuchtung planen zu können, müssen die Wirk- und Korrekturfaktoren bekannt sein. Die Tabelle zeigt die Gewichtung der v λ- und Smel λ-Funktion in Zahlen.

Visuelle Empfindlichkeitskurve v (grün) und Melatonin-Suppressionskurve Smel λ (blau).
Visuelle Empfindlichkeitskurve v (grün) und Melatonin-Suppressionskurve Smel λ (blau).

Quickinfo

  • MR ist die Abkürzung für Melanopic Ratio
    Der melanopische Wirkfaktor beschreibt, wie viel der Intensität im Spektrum, das mit v λ bewertet wurde, auch im mit Smel λ bewerteten Spektrum ist.
  • MDER ist die Abkürzung für Melanopic Daylight Equivalent Ratio
    Der melanopische tageslichtäquivalente Wirkfaktor berücksichtigt - die unterschiedliche Intensität der melanopischen und visuellen Wirkkurve im Normtageslicht D65.
  • Um von MR auf MDER umzurechnen, ist MR mit dem konstanten Tageslichtkorrekturfaktor 0,906 zu multiplizieren: MR x 0,906 = MDER

Am hellsten erscheint Licht mit einer Wellenlänge von 555nm. Biologisch am wirksamsten ist Licht mit 490nm Wellenlänge.

Um das Licht einer Lichtquelle beurteilen zu können, wird das Lichtspektrum vermessen. Das Lichtmessgerät ermittelt für jede einzelne Wellenlänge zwischen 380 und 780nm einen Intensitätswert. Die 400 Werte gemeinsam ergeben die Bestrahlungsstärke in mW/m². Diese radiometrische Größe berücksichtigt die gesamte Strahlung. Das menschliche Auge jedoch nimmt nicht alle Wellenlängen gleich hell wahr. Mittels der menschlichen Helligkeitsfunktion v λ wird die radiometrische Größe in eine photometrische umgerechnet. Das bedeutet, dass aus einem technischen Wert ein subjektiver, menschlicher Wert ermittelt wird. Bei dieser Umrechnung bleibt die Intensität bei 555nm gleich. Die Werte aller anderen Wellenlängen werden gemäß der v λ-Kurve abgewertet.

Bsp. 1: Typischer Wert für den melanopischen Wirkfaktor von LED 2700 K Ra ≥ 80. MR = 0,45
Bsp. 1: Typischer Wert für den melanopischen Wirkfaktor von LED 2700 K Ra ≥ 80. MR = 0,45

Mit dem so bewerteten Lichtstrom in Lumen kann mit einer Lichtberechnungssoftware die Beleuchtungsstärke auf den Flächen im Raum berechnet werden. Diese Bewertung des gemessenen Spektrums geschieht auch zur Ermittlung der biologischen Lichtwirkung. Von der visuellen Wirkkurve zur biologischen Wirkkurve verschiebt sich das Maximum von 555nm auf 490nn.

Die gängige Lichtberechnungssoftware errechnet nur die visuelle Beleuchtungsstärke. Die melanopische Beleuchtungsstärke wird aus der visuellen Beleuchtungsstärke mit dem melanopischen Wirkfaktor der Lichtquelle berechnet. Der melanopische Wirkfaktor ist in den Leuchtendatenblatt zu finden und wird mit MR (melanopic ratio) abgekürzt.

Bsp. 2: Typischer Wert für den melanopischen Wirkfaktor von LED 4000 K Ra ≥ 80. MR = 0,75
Bsp. 2: Typischer Wert für den melanopischen Wirkfaktor von LED 4000 K Ra ≥ 80. MR = 0,75

Für die biologische Wirkung ist nur die am Auge auftreffende Beleuchtungsstärke relevant. Diese wird als zylindrische Beleuchtungsstärke (Ez) angegeben. In der DIN/TS 67600 wird als biologisch wirksame Untergrenze eine zylindrische Beleuchtungsstärke von Ez > 250 MEDI Lux (melanopisch und Tageslicht äquivalent bewertet) gefordert. MEDI= Melanopic equivalent daylight illuminance = melanopisch äquivalente Tageslichtbeleuchtungsstärke.

Wie berechnet man die nötige visuelle Beleuchtungsstärke um die geforderten 250 MEDI zu gewährleisten?
Umrechnung von tageslichtäquivalenter Beleuchtungsstärke (Ev,mel,D65) auf visuelle Beleuchtungsstarke (Ev): Die 250 MEDI werden durch das Produkt von den melanopischen Wirkfaktor und dem Tageslichtwirkfaktor 0,906 dividiert.

 

Für die biologisch wirksamen 250 MEDI benötigt man bei der Farbtemperatur von 2700 K viel mehr Lichtstrom als bei 4000 K. Die biologische Wirkung ist stark von der Lichtfarbe abhängig. Warmweißes Licht ist wenig geeignet, eine biologische Wirkung zu erzielen, siehe Beispiel 1. Die Abwertung durch den melanopischen Wirkfaktor ist zu groß. Gut ist eine neutralweiße Lichtfarbe < 5300 K geeignet, die natürlicherweise in den, für die Aktivierung wichtigen, Vormittagsstunden vorherrscht.

Ist die Beleuchtungsanlage mit einer Steuerung und Tunable White-Leuchten ausgestattet, lässt sich eine biologische Wirkung energiesparend mit Vollspektrum LEDs, realisieren. Die neutralweiße Lichtfarbe sollte in den Vormittagsstunden zum Einsatz kommen, beginnend mit Mittag sollte die Lichtfarbe zu Abend hin immer wärmer werden.

Die biologisch wirksame Beleuchtungsstärke von 250 MEDI bezieht sich auf einen durchschnittlichen 32-jährigen Normbeobachter. Die biologische Wirkung von Licht ist auch für ältere Personen relevant. Um dieselbe Wirkung bei älteren Personen zu erzielen, gibt es noch zwei Korrekturfaktoren (siehe DIN/TS 5031-100):

1. Altersabhängiger Korrekturfaktor für die spektrale Lichtdurchlässigkeit des menschlichen Auges

Mit zunehmendem Alter nimmt die Lichtdurchlässigkeit des menschliche Auges ab, da die Augenlinse vergilbt. Deshalb kommt bei älteren Menschen weniger biologisch wirksames Licht auf der Netzhaut an.

2. Altersabhängiger Korrekturfaktor für den Pupillendurchmesser des menschlichen Auges

Bei älteren Menschen ist der Pupillendurchmesser kleiner als bei jüngeren. Daher fällt weniger Licht auf die Netzhaut.

Da sich die beiden oben angeführten Faktoren multiplizieren lassen, kann dieser Effekt auch in einem einzigen Faktor dargestellt werden.

3. Altersabhängiger Korrekturfaktor für die spektrale Lichtdurchlässigkeit und den Pupillendurchmesser

Diese Anforderungen gehen altersentsprechend deutlich auseinander. Bei der Lichtplanung für Büros bzw. Aufenthaltsräume in Pflege- und Altersheimen sollten obige Wirk- und Korrekturfaktoren beachtet werden.

Zu Beispiel 2) mel. Wirkfaktor 0,75:
Ein 32-Jähriger benötigt 368 lx
Für einen 25-Jährigen 368 lx / 1,145 = 321 lx
Für einen 50-Jährigen 368 lx / 0,664 = 554 lx
Für einen 90-Jährigen 368 lx / 0,193 = 1907 lx

Leuchten mit hohem Direktanteil eigenen sich primär für die Beleuchtung von horizontalen Flächen. Damit sind sie für Human Centric Lighting-Lichtplanungen weniger geeignet. Die in HCL-Beleuchtungskonzepten geforderten hohen zylindrischen Beleuchtungsstärken bedürfen einer anderen Leuchtenauswahl.

Mit welchen Lichtverteilungskurven lassen sich diese hohen zylindrischen Beleuchtungsstärken erreichen?

Dazu können Wallwasher, Deckenfluter, runde und lineare Direkt-/Indirekt-Leuchten mit breit ausgelegter indirekter Lichtverteilung eingesetzt werden, siehe Skizze.